robert1Das Auto von einer KFZ-Mechanikerin reparieren zu lassen war vor nicht allzu vielen Jahren noch eine Besonderheit. Das Kind in den Kindergarten zum Kindergärtner zu bringen fast unmöglich. Es gab keine. Heute heißen sie Erzieher und immerhin sind sie eine greifbare Größe in der Erziehungslandschaft geworden. Aber bei weitem noch zu wenige und sie werden von staatlichen und freien Trägern händeringend gewünscht. Männliche Wertevermittlung wird gesucht. Die Zeit, in der die Betreuung ausschließlich eine weibliche Arbeitsdomäne war, vorbei. Robert Mertens ist einer dieser Männer, die mit ihrem Einsatz dem Berufsbild „Erzieher“ ein neues Gesicht geben.

Warum er Erzieher geworden ist? Ganz einfach – in einem Schülerpraktikum hat er gemerkt wie viel Spaß ihm die Arbeit mit Kindern macht. Er bekam so viel Lob von der Leitung, den Eltern und allen, die ihn dort erlebten, dass das Praktikum richtungsweisend für ihn wurde und er den Beruf ergriff. Anfangs versuchte er der Berufsfrage „nur Erzieher“ zu sein auszuweichen und die Unsicherheit loszuwerden, anderen bei ihren Karrieresprüngen zuzusehen. Heute ist das kein Thema mehr für ihn, zumal ihm der männliche Stellenwert als Erzieher durchaus bewusst ist. Wie besonders seine Rolle als Mann ist, wurde ihm in seiner Berufslaufbahn klar, hatte er fast ausschließlich weibliche Kolleginnen.

Robert Mertens arbeitet in der Ergänzenden Förderung und Betreuung an der Giesensdorfer Schule in Lichterfelde-Süd. Das Team setzt sich aus sechs weiblichen und drei männlichen KollegInnen zusammen. Damit ist das Team gut aufgestellt, was die Männlichkeit angeht. Und auch wenn die Weiblichkeit dominiert, will er sich ganz bewusst nicht anpassen, kann er doch als Mann ganz andere Werte, Gefühle und Blickwinkel den Kindern vermitteln. Am Anfang war er der Hahn im Korb. Er brauchte Zeit um seinen Platz im Team zu finden. Zeit um zu erfahren, was für Möglichkeiten er als Mann zu bieten hat, was seine eigenen Erwartungen sind und was seine Funktion im Team sein kann. Die Zeit hat er bekommen und heute ist er der „Herr Mertens“. Er ist derjenige, der mit den Kindern Hammer und Nägeln in die Hand nimmt, der den Stock beim Ausflug schnitzen kann oder mit den Jungen Fussball spielt. Er ist sich seiner Vorbildfunktion sehr bewusst und weiß, dass die kleinen Geister um ihn herum genau hinschauen, was er sagt, tut und wie er reagiert. Er versucht für jedes Kind ein offenes Ohr zu haben, was manchmal etwas schwer ist, sind es doch so viele.

Natürlich muss er auch die administrative Seite des Berufs bewältigen. Berichte müssen geschrieben werden, Events geplant, vor- und nachbereitet werden. Das macht er manchmal lieber entspannt zuhause und nutzt die Zeit in der EFöB für die Kinder. Ein großer und erfreulicher Schritt war für ihn der Wechsel von der Halboffenen zur Offenen Arbeit in der EFöB. Es gibt keine Gruppen und festen AGs mehr. Dies eröffnet den KollegInnen eine Flexibilität, die es vorher nicht gab. Nun kann er spontaner auf die Wünsche der Kinder und seine eigenen Ideen eingehen.

Und selbstverständlich gibt es auch diese Tage an denen nicht alles richtig läuft. Da versucht er ruhig und gelassen zu bleiben, weiß er doch, dass Probleme im Team gut besprochen und gelöst werden. Auch wenn mal ein Kind dabei ist, das an einem Tag besonders anstrengend ist, versucht er nicht emotional zu handeln. Dazu hat er zu viel Respekt vor den Kindern. Und er weiß genau, dass der nächste Tag wieder vollkommen anders aussieht. Das Team der KollegInnen sieht er fast wie eine zweite Familie. Er arbeitet einfach sehr, sehr gerne mit seinem Team und diesen Kindern, und fragt fast scheu, ob man das so sagen darf. Auch die Arbeit mit den Eltern ist harmonisch und die Kooperation mit den LehrerInnen wertschätzend und gut.

Aber auch wer gerne arbeitet, geht gerne nach Hause. Dort warten zwei kleine Kinder, Timo – 1 1/2 und Lena – 4 1/2 Jahre alt mit ihrer Mutter Beata. Er arbeitet vorzugsweise im Spätdienst damit er an den Vormittagen Zeit für seine Familie hat. So kann er morgens seine Frau entlasten, die Kinder fertig machen und die Tochter zur Kita bringen. Seinen Kindern möchte er das schöne am Leben vermitteln. Ihnen Bücher vorlesen, diese besprechen. Ihnen die Natur näher bringen, mit ihnen in Laubberge hineinrennen und sie spielerisch das Leben kennenlernen lassen. Natürlich gibt es auch Fernsehen und die Vorliebe der Tochter für Hello Kitty muss er wohl schlucken. Den Sohn als Mann, die Tochter als Frau erziehen? Für ihn ist der Situationsansatz wichtig. Er will sehen was die Kinder aktuell beschäftigt und darauf auch eingehen können. Ob der Sohn mit der Puppe und die Tochter mit dem Auto spielt hat für ihn keinen Stellenwert.

Früher dachte er schon manchmal, die anderen sehen ihn als „nur Erzieher“ an. Heute sagt er, hat er das Gefühl, dass er ganz anders wahrgenommen wird, wenn er vom Beruf erzählt. Sein Gegenüber merkt, wie gut es ihm damit geht, wie stolz er darauf ist und wie viel Spaß es ihm macht. Heute betont er ganz bewusst, er ist „männlicher Erzieher“ – der „Herr Mertens“ halt!

Anna Schmidt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit