Beruf und Familie, Vereinbarkeit

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Hat man immer eine Wahl? Nein, nicht ganz! Wird man geboren gehört man auf die Seite der Männer oder der Frauen. Damit ist entschieden, ob man zum starken oder vermeintlich schwachem Geschlecht gehört und auf welcher Seite der Chancengleichheit man steht. Frauen machen in etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung aus. Gibt man das Wort „Frau“ in Google ein, kann man 74.100.000 Millionen Einträge finden, die versuchen den Begriff Frau in Worte zu fassen. Aber trotz dessen, dass das Frauenwahlrecht schon vor 96 Jahren in Deutschland eingeführt wurde, ist die Gleichstellung und Chancengleichheit der Frauen nicht gewährleistet. Der Frauentag wurde schon 1911 das erste Mal gefeiert. Doch der Staat ist schwerfällig und auch das Denken in den Köpfen der Protagonisten. Ganz besonders die Situationen der Mütter lassen in diesem Land mehr als zu wünschen übrig. Dazu zwei Beispiele:

Die eine Frau ist verheiratet mit einem sehr beschäftigtem Mann, den sie kaum sieht. Die Kinder gehen auf gute Schulen, die gehobene Ansprüche erfüllen. Sie selber arbeitet um nicht den Anschluss im Berufsleben zu verlieren. Sie wohnen in einer Eigentumswohnung. Die Freizeit ist vornehmlich von den Freizeitaktivitäten der Kinder bestimmt. Das Essen kommt aus dem Biosupermarkt und die Haushaltshilfe kommt dreimal in der Woche. Urlaub ist zweimal im Jahr, selbstverständlich im Ausland, vorgesehen – die einzig wirklich gemeinsame Zeit, die die Familie hat.

Die zweite Frau ist alleinstehend und hat nur über den Anwalt Kontakt zum Vater der Kinder. Die Kinder gehen auf die Schule um die Ecke. Sie hat einen 400 € Job gefunden und putzt daneben bei zwei alten Damen. Ihre kleine Wohnung hat kaputte Fenster, lässt sich schwer heizen, aber etwas anderes kann sie sich nicht leisten. Wenn sie zuhause ist, muss sie den Haushalt versorgen, mit den Kindern Hausaufgaben machen und sich um die Schriftkram kümmern. Gegen Monatsende muss sie wieder zur Tafel gehen, auch wenn sie sich schämt. Und an die Ferien mag sie gar nicht denken, weil die Kinder dann alleine sind und viel Blödsinn machen.

Tatsache ist, dass man bei beiden Frauen absehen kann wie die Zukunftsprognose aussieht. Alleinstehend mit Kind ist in Deutschland zur Zeit die sicherste Konstellation von Armut betroffen zu sein. Nicht nur für die Frau sieht es düster aus, auch für die Kinder, die mit höchster Wahrscheinlichkeit aus dieser Prognose nicht heraus kommen werden. „Gelernte Hoffnungslosigkeit macht es schwer, Herausforderungen im weiteren Leben zu meistern.“ heißt es dazu im UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland 2013. Unter andern wird dort aufgeführt, dass 2009 schon jede vierte alleinerziehende Mutter die Schule nicht beendet hatte bzw. nur einen Hauptschulabschluss geschafft hat. Wie hoch die Rentenansprüche einer Frau sein werden, die lebenslang in Minijobs oder gar nicht gearbeitet hat, kann man sich ausrechnen.

Die verheiratete Mutter wird aller Wahrscheinlichkeit nach, sofern sie die Ehe bis zum Rentenalter ohne Scheidung übersteht, eine kleine Rente erwirtschaften können. Natürlich nicht die Rente, die große Kreuzfahrten oder ähnliches ermöglichen wird, aber wenn sie klug ist, kümmert sie sich um private Vorsorge und erwirbt ggf. Rentenansprüche durch ihren Mann. Sofern ihre Kinder den Sprung in ein erfolgreiches Berufsleben schaffen, kann sie auch dort hoffen, im Alter ausreichend unterstützt zu werden. Wie gesagt, sie kann nur hoffen, dass der Plan aufgeht und sie nicht in die gleiche Situation wie die Alleinstehende kommt.

Das sind zwei Beispiele von Frauen im Jahr 2014 und das Schlimme daran ist, dass es die Mehrzahl der Frauen betrifft, die bereit sind, in diesem Staat die dringend gewünschten und benötigten Kinder zu bekommen. Der demographische Wandel macht deutlich, was uns in einigen Jahren bevorsteht. Die Baby-Boom-Kinder aus den 1960er Jahren gehen in einigen Jahren in Rente und die Kinder, die die Umlage finanzierte Rente bezahlen sollen fehlen. Düstere Aussichten, wenn man bedenkt, dass wir zu den modernsten und wirtschaftlich stabilsten Ländern der Welt gehören.

Zum Frauentag am 8. März wird jährlich eine der Zeit entsprechende Problematik um das Frauenbild aufgegriffen. Die Frage, ob das im 21. Jahrhundert noch notwendig ist, kann nur mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. In keiner Zeitperiode vorher, wie der seit dem ersten Weltkrieg bis heute, hat sich das Bild der Frau und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft so häufig und stark verändert. Wirklich befriedigend sind die Fortschritte seit jeher aber nicht, bedenkt man die wirtschaftliche Unsicherheit in die sich vor allem Mütter in der heutigen Zeit begeben. Die Emanzipation ist überstanden, Frau fühlt sich gleichberechtigt für einen hohen Preis. Frauen dürfen wählen, in die Bundeswehr gehen und ihren Mann stehen, im Arbeitsleben gehören zum akzeptierten Bild, uneheliche Kinder sind nicht mehr mit gesellschaftlichem Ausschluss gleichbedeutend. In die Führungsetagen gehört die Frau aber nicht und ist von gleichberechtigter Bezahlung oft weit entfernt. Und wehe der, die bereit ist Mutter zu werden und damit oft auf den Staat angewiesen ist. Immerhin, dass es an Unterbringungsmöglichkeiten in Kitas und Horten fehlt, wurde erkannt. Dem versucht man entgegenzuwirken. Das Modell der Ganztagsschulen beispielsweise scheitert jedoch noch an der nötigen personellen wie finanziellen Ausstattung. Die Elternzeit kann geteilt werden, also auch Väter den frühkindlichen Dienst übernehmen. Alles Maßnahmen, die gebraucht werden um Müttern zu ermöglichen, ihre Kinder in guten Händen unterzubringen, berufliche Qualifikationen zu erwerben und ganztags zu arbeiten.

„Gender Mainstreaming“, heißt das Zauberwort, nach dem Staat und Organisationen bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen. Die Privatwirtschaft sagt dazu einfach Chancengleichheit. Das geht in die richtige Richtung, man hat erkannt, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt. Aha, also doch nicht. Außer einem sprachlichen Wirrwarr um beispielsweise „Freunde und Freundinnen“, „FreundInnen“ oder „Freund_Innen“ sind errungenen Fortschritte für Frauen jedoch  nicht wirklich erkennbar.

Es bleibt zu hoffen, dass wirklich effektive und nachhaltige Schritte erarbeitet und durchgesetzt werden, die Mütter und damit ihre Kinder absichern.  Zudem Gelder zur Verfügung stehen, die es sozialen Einrichtungen, Schulen und Organisationen möglich machen, dort zu helfen, wo der Staat zu weit weg oder schwerfällig ist. Das bei Hilfsmöglichkeiten viel früher angesetzt wird, so dass Mütter erst gar nicht in die Situation kommen, ein wirtschaftliches Fiasko zu erleben.

Das Denken in den Köpfen der Menschen muss sich ändern, Männern wie Frauen. Nur der Staat muss dafür die Grundlagen bieten und Frauen Bedingungen schaffen, die die Entscheidung Mutter zu werden, nicht von Existenzängsten abhängig werden lässt. Einen Staat, in dem Kinderlachen per Gerichtsurteil erlaubt werden muss, sollten wir uns alle nicht wünschen – geschweige denn einen, in dem es kein Kinderlachen mehr gibt.

Anna Schmidt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadtteilzentrum Steglitz e.V.