memlinge_23 Wir hatten uns viel vorgenommen für die Winterferien und zuvor viel diskutiert: Geht es überhaupt, Kinder für moderne abstrakte Kunst interessieren? Für Kunst, die nicht schön sein will? Auch wenn die Kunstwerke von Kindern auf Erwachsene oft abstrakt wirken, steht dahinter nicht dennoch meist der Versuch des Kindes etwas ganz Konkretes darzustellen? Der Plan in den Winterferien in ein Museum für moderne Kunst zu gehen und mit den neu gewonnenen Seheindrücken selbst eine Skulptur aus Holz und Nägeln zu bauen, war somit für uns ErzieherInnen ein gewagtes Experiment.

Die Winterferien begannen am Montag im Schülerclub Memling mit einem ausgiebigen Frühstück und ganz ohne künstlerischen Anspruch – Austoben und Erholen von der Schule.
Am Dienstag machten wir uns mit der Bahn auf den Weg zum „Hamburger Bahnhof“. Im Museum bahnten wir uns einen Weg durch einen am Boden hockenden Schwarm metallener Vögel. Es rannte und rutschte uns auf der Stelle eine Schar grüner Kellner entgegen und an der Decke schwebte ein von silbernen gasgefüllten Reifen gehaltenes riesiges leichtes Gebilde. Eine Frau trainierte eine Schar junger Gänse für ihren Flug zum Mond. Auf dem Kopf stehende spanische Politiker, lebender wie toter, fuhren von tragender Musik bedächtig begleitet, in einer Parade durch das schwarz weiße Madrid. Zwei ausgewachsene Bäume versperrten bunt und tot den Weg. Ein ohrenbetäubender Vorschlaghammer, der durch eine Zimmerwand wollte, ein uraltes Gestell, ein Work in Progress, mit Eingemachtem von anno dazumal, war von Papierfliegern bedroht. Was für Eindrücke!

Am nächsten Morgen beim Frühstück hatte Unterschiedliches Eindruck hinterlassen. Wir waren schon darauf eingestellt, die Idee mit der Holzskulptur fallen zu lassen und offen für das zu sein, was die Kinder am meisten interessiert hatte. Offen zu sein für das, was sie selbst würden ausprobieren wollen und uns eventuell an Videoinstallationen heranzuwagen. Aber die Materialien, die im Atelier vorbereitet lagen, wurden einfach angenommen und so fingen erst wenige Kinder, dann mehrere an zu Hämmern, Sägen und Malen. Die Skulptur nahm mit jedem Tag Form um Form an und jede Menge Farbe.

Ob die Kinder sich beim Bau der Skulptur von der riesigen Holzskulptur aus dem Museum haben inspirieren lassen? Augenscheinlich haben beide Gebilde wenig miteinander zu tun. Vielleicht hat das Vorbild aus dem Museum aber die Akzeptanz dafür geschaffen, dass beim Bauen nichts Konkretes entstehen muss.
Ob der Besuch der Ausstellung einen bleibenden Eindruck in den Kindern hinterlassen hat? Ob er ihre Idee davon, ihr Gefühl dafür was Kunst sein kann, erweitert hat? Schwer zu sagen, der verbale Austausch darüber fällt immer schwer, auch mit Erwachsenen.

Schülerclub Memlinge